Klangmassage für Menschen im Wachkoma – Ein Erfahrungsbericht

Die Peter Hess® Klangmassage bietet wertvolle Möglichkeiten, Menschen im Wachkoma eine wohltuende Entspannung zu schenken. Auch als therapievorbereitendes Angebot können die Entspannungsangebote mit Klangschalen wertvolle Dienste leisten. In diesem Beitrag berichtet Gastautorin Daniela Abel von ihren Erfahrungen mit der Klangmassage und gibt anhand konkreter Fallbeispiele praxisnahe Einblicke in ihre Arbeit. Dabei zeigt sie auf, wie die Klänge das Leben der Betroffenen bereichern können.

Mein Weg zur Arbeit mit Menschen im Wachkoma

Meine erste Begegnung mit Menschen im Wachkoma hatte ich während meiner Zeit als Friseurmeisterin. Aus dem Fachpflegezentrum Mediana Neurocare in Hünfeld bekam ich die Anfrage, ob ich den Bewohner:innen die Haare schneiden könne. Um herauszufinden, ob ich dieser emotionalen Herausforderung gewachsen war, besuchte ich die Einrichtung und entschied, die Aufgabe anzunehmen. Durch die Anwesenheit einer Betreuungsassistentin bekam ich tiefere Einblicke in deren Arbeit mit schwer erkrankten Menschen.

Bereits beim ersten Besuch veränderte sich meine Sicht auf das Leben. Die Geschichten der Patient:innen zeigten mir, wie zerbrechlich das Leben sein kann. Ich empfand eine tiefe Dankbarkeit für die Gesundheit meiner Familie und mich selbst.

Klangmassage als Begleitung für Menschen im Wachkoma

Diese Erfahrungen bewegten mich dazu, selbst die Ausbildung zur Betreuungsassistentin zu machen und so wechselte mein Aufgabengebiet in der Einrichtung. Im Laufe meiner Arbeit begegnete ich den Peter Hess® Therapie Klangschalen. Zunächst hatte ich keinen Bezug dazu, doch nach einer eigenen Klangentspannungserfahrung begann mein persönlicher Klang-Weg. Ich absolvierte die Ausbildung zur Peter Hess® Klangmassage Praktikerin und fing an, die Klangschalen regelmäßig in die Betreuung der Patient:innen einzubinden.

Sobald ich eine Klangschale antönte, konnte ich beobachten, wie sich die Atmung der Menschen beruhigte und ihre Anspannung nachließ. Besonders bemerkbar machte sich dies in den anschließenden Physio- oder Ergotherapieeinheiten. Die Therapeut:innen berichteten, dass die Behandlungen durch die Grundentspannung viel einfacher und ruhiger verliefen, sodass die Wirkung intensiviert wurde. Auch die täglichen Mobilisierung wurde durch den entspannteren Zustand der Betroffenen erleichtert und konnte damit auch effektiver gestaltet werden. Dabei wurde mir klar, dass die Klänge Entspannung schenken, aber eben nicht nur, denn sie vermögen soooo viel mehr als „nur Entspannung“. Vielmehr schaffen sie eine Basis, von der aus weitere positive Wirkungen erzielt werden können – für Körper, Geist und Seele!

Klangangebote schenken Entspannung und sind doch so viel mehr

Therapieeinheiten können bei Menschen im Wachkoma oft Stress auslösen und die bereits erhöhte Körperspannung weiter verstärken, was zu zusätzlicher Verkrampfung führt. In solchen Momenten können Klangmassagen bei den Menschen im Wachkoma eine beruhigende und vertrauensfördernde Wirkung entfalten. Sie wirken „öffnend“ und stellen somit eine ideale Ergänzung dar, um Therapieangebote zu erleichtern und deren Effektivität zu steigern – sowohl im Vorfeld als auch während der Behandlung.

Als Betreuungsassistentin und Klangmassage Praktikerin habe ich gezielt begonnen, Klangangebote in meine Arbeit zu integrieren. In enger Zusammenarbeit mit einigen Therapeuten habe ich sie bei ausgewählten Patient eingesetzt, um eine optimale Unterstützung zu bieten. So wie in diesen beiden Fällen:

Fallbeispiel: Klangbegleitung von Herrn K. – Entspannung vor der Therapie

Herr K. befindet sich seit mehreren Jahren nach einem Autounfall im Wachkoma. Er leidet unter starken Kontrakturen in den Gliedmaßen. Seine Mimik, Körperhaltung und Atmung geben Hinweise auf seinen aktuellen Zustand. Da er sich nicht selbstständig bewegen kann, wird er regelmäßig von den Pflegekräften umgelagert und erhält täglich Physio- oder Ergotherapie.

Zu Beginn spreche ich Herrn K. mit seinem Namen an und erkläre ihm, was als Nächstes geschehen wird. Gleichzeitig töne ich behutsam eine Klangschale im langsamen Rhythmus an. Nach einiger Zeit stelle ich die Klangschale auf das Bett, damit Herr K. die sanften Schwingungen über die Matratze fühlen kann.

Sobald die Klangschale ertönt, ist zu bemerken, wie Herr K. seine Aufmerksamkeit auf die Klänge richtet. Seine Atmung wird ruhiger, als wolle er nichts von den Klängen verpassen. Man spürt, dass er zu lauschen beginnt. In diesem Moment verändert sich auch sein Muskeltonus – er wird weicher, und es ist deutlich zu sehen, wie er sich zunehmend entspannt.

Diese tiefe Entspannung bereitet Herrn K. optimal auf die folgende Therapieeinheit vor. Es scheint, als gewinne er Vertrauen, sodass die Therapeutin mit ihren Übungen beginnen kann. Die Physiotherapie verläuft dadurch wesentlich ruhiger und sanfter – für Herrn K. ebenso wie für die Therapeutin. Dies erhöht die Effektivität der Behandlung und schafft eine wunderbare Win-Win-Situation, vor allem für Herrn K.

Fallbeispiel: Klangangebote zum Wohlfühlen in der häuslichen Pflege

Auch in der häuslichen Pflege können Klangangebote eine wertvolle Unterstützung bieten, von der oft auch die pflegenden Angehörigen profitieren.

Frau N. erlitt während eines Wanderurlaubs in den Bergen durch einen Sturz ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und befindet sich seither im Wachkoma. Sie wird zuhause von einem 24-Stunden-Intensivpflegeteam betreut, wodurch sie in ihrer vertrauten häuslichen Umgebung bei ihrer Familie sein kann.

Mein Klangangebot ist in wiederkehrende Rituale eingebettet, die Frau N. Sicherheit und Vertrauen geben. Zu Beginn begrüße ich sie, indem ich die Klangschale sanft und in einem sehr langsamen, gleichmäßigen Rhythmus antöne. Trotz der Nebengeräusche von Magensonde, Pulsoximeter und brodelnder Atemgeräusche beobachte ich, wie Frau N. die leisen Klänge wahrnimmt. Ihre Atmung beruhigt sich, und der Muskeltonus verändert sich spürbar.

Da Frau N. meist auf dem Rücken liegt, passe ich die Klangmassage ihrer aktuellen körperlichen, geistigen und seelischen Verfassung an. Je nach Lagerung und Tagesform positioniere ich die Klangschalen manchmal nur um sie herum auf dem Bett, sodass sie die sanften Schwingungen über die Matratze und in ihrer unmittelbaren Umgebung wahrnehmen kann. An anderen Tagen ist es möglich, eine oder mehrere Klangschalen direkt auf ihren Körper zu positionieren. Die Dauer der Klanganwendung variiert und kann zwischen wenigen Minuten bis zu einer halben Stunde betragen.

Frau N. findet dabei meist tiefe Ruhe. Wann immer es möglich ist, nimmt auch ihre Mutter an den Klangeinheiten teil, um sich eine kleine Auszeit zu gönnen. Diese gemeinsamen, positiven Momente bedeuten der Mutter sehr viel. Zum Abschluss der Klanganwendung signalisiere ich mit den zarten Klängen des Koshi, dass die Sitzung beendet ist.

Klangangebote für Menschen im Wachkoma gestalten – Meine Erfahrungen

Im Laufe der Zeit konnte ich vielfältige Erfahrungen mit Menschen im Wachkoma sammeln, wobei immer gilt:

  • Individuelle Anpassung: Jeder Klangeinsatz ist unterschiedlich und muss achtsam auf die Bedürfnisse der Betroffenen abgestimmt werden.
  • Weniger ist mehr: Oft genügt schon eine einfache Klanganwendung, um tiefgehende Entspannung zu erreichen.
  • Achtsame Präsenz: Es geht weniger um konkrete Ziele als darum, einen Raum für Wahrnehmung und Wohlbefinden zu schaffen.
  • Wohlgefühl und Entspannung: Die Klangangebote unterstützen das Loslassen und verbessern die Körperwahrnehmung, was für die Patient:innen, Pflegenden und Therapeut:innen gleichermaßen hilfreich ist

Die Arbeit mit Klangschalen für Menschen im Wachkoma zeigt mir immer wieder, wie tief Klänge wirken können. Sie schenken Ruhe, Vertrauen und Geborgenheit. Für die Patient:innen, ihre Familien und auch für mich ist es jedes Mal ein berührendes Erlebnis, zu sehen, wie die Klänge das Leben dieser Menschen ein kleines Stück leichter machen.

Weiterführende Tipps:

Daniela Abel

ist Peter Hess® Klangentspannungscoach, KliK® Praktikerin und Betreuungsassistentin. Sie arbeitet in ihrer eigenen Klangpraxis „EntfaltungsRäume“ und ist als ehrenamtliche Hospizbegleiterin tätig. Als autorisierte Ausbilderin der Peter Hess® Klangmassage und Klangmethoden bietet sie Seminare und Workshops an. Zudem ist sie im Peter Hess® Institut im Bereich Seminarbetreuung tätig.

Kontakt: abel-daniela@web.dewww.daniela-abel.de

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