Regina Santos und Ursula Dannemann berichten, wie Klangmassagen zur Steigerung der Lebensqualität von Menschen mit Parkinson beitragen können und durch ihre entspannende Wirkung helfen, Symptome zu lindern. Ihre Erfahrungen decken sich mit einer Untersuchung von Dr. Wilma Costa Souza, die die Wirkung der Klangmassage auf Angst, Stress und Aktivitäten des täglichen Lebens bei Parkinson-Betroffenen untersucht hat.
Die Parkinson-Patienten leiden, je nach Stadium, unter steifen Muskeln, einer verlangsamten Bewegung und unkontrollierbarem Zittern. Bislang gilt die langsam fortschreitende neurodegenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems als unheilbar. Umso wichtiger ist es, Therapie-/Angebote zu haben, die die Lebensqualität der Betroffenen positiv beeinflussen können. Klangmassagen, wie sie Regina Santos und Ursula Dannemann von der Peter Hess® Akademie Brasilien seit 2017 ehrenamtlich in der Associação Parkinson Carioca in der Stadt Rio de Janeiro anbieten, können solch ein Angebot sein.
Klangmassage in der Associação Parkinson Carioca (APC) in der Stadt Rio de Janeiro
Die APC ist eine Vereinigung von Menschen mit Parkinson mit rund 90 Patienten. Ziel der Vereinigung ist es, physiotherapeutische Behandlungen anzubieten, Freizeitaktivitäten zu fördern und Selbsthilfegruppen mit Patienten, Angehörigen und Begleitern zu bilden. Die Vereinigung befindet sich in den Räumlichkeiten eines alten öffentlichen Krankenhauses in einem Arbeiterviertel in der Nordzone von Rio de Janeiro. Die Räumlichkeiten sind sehr schlicht, die Einnahmen durch Mitgliedsbeiträge sehr spärlich und unregelmäßig. Alle Tätigkeiten sind freiwillig und kostenlos. Die Kernaufgabe der APC-Vereinigung ist die Gruppenbehandlung mit funktioneller Neurophysiotherapie, geleitet von ehrenamtlich tätigen Physiotherapeuten und Praktikanten. Ferner werden den Patienten individuelle Ergotherapie und Sprachtherapie wie auch Tanz- und Kunstgruppen geboten. Die Peter Hess®-Klangmassage kam im Juni 2017 hinzu und wurde als integratives und komplementäres Angebot sehr herzlich aufgenommen. Seither bieten drei Klangmassagepraktier*innen ein Mal pro Woche für einen halben Tag den Patienten die Klangmassagen zur Entspannung an. Die Nachfrage ist enorm und die Erfahrungen zum Teil sehr berührend. Regina und Ursula berichten:
Wir beschränken unser Arbeitsvorgehen auf die Basis-Klangmassage mit dem Ziel, den allgemeinen Behandlungsprozess mit den Klängen zu unterstützen. Mit Vorsicht und Einfühlungsvermögen unsererseits versuchen wir, unseren Klienten eine einigermaßen komfortable Zeit der Ruhe zu bieten, in der sie sich umsorgt und willkommen fühlen, wo sie sich frei aussprechen können und wo wir da sind, um ihnen zuzuhören. Uns geht es in erster Linie darum, eine Vertrauensbeziehung aufzubauen, indem wir durch den Klang und die Schwingung der Schalen unseren Klienten Entspannung ermöglichen, ihnen Momente der Ruhe und Harmonie für Körper, Geist und Seele anbieten. Dabei gilt stets: „Weniger ist mehr!“.
Wir beobachten, dass die Klangmassage weit über den Entspannungseffekt hinausgehen kann. Das Zittern während der Sitzung lässt nach, oft dauert dieser Effekt einige Stunden. Häufig kommen die Klienten mit einem mühsamen Gang in unser Zimmer, der Rücken schmerzt, sie können sich kaum bücken, um die Schuhe auszuziehen. Nach der Klangmassage fallen ihnen die Bewegungen leichter, ihre Gangweise wirkt harmonischer und die Körperhaltung sicherer. Die Rückenschmerzen lassen nach. Zu Beginn ist auch oft ihre Stimme so leise, dass man sie kaum verstehen kann. Nach der Sitzung sprechen viele lauter und deutlicher.
Forschungsprojekt zur Wirkung der Peter Hess®-Klangmassage bei Parkinson
Im Jahre 2018 hat die PHA Brasilien zusammen mit Dr. Wilma Costa Souza ein Forschungsprojekt initiiert und durchgeführt, um die Wirkung der Klangmassage systematisch zu erfassen – vor allem in Hinblick auf Angst, Stress und Aktivitäten des täglichen Lebens. Hierzu erhielten neun Betroffenen über zehn Wochen wöchentlich eine Klangmassage à 45 Minuten. Die Ergebnisse der Studie belegen erstmals positive Effekte der Klangmassage bei Parkinson. Für Regina und Ursula war aber vor allem das direkte Feedback der neun Studienteilnehmer wichtig und hat sie in unserer Arbeit bestätigt. Hier ein kleiner Einblick in die Rückmeldungen:
„Die Klangmassage entspannt mich sehr, ich brauche keine Beruhigungstabletten mehr, die ich zwei Mal pro Tag nahm. Ich fühle mich sehr wohl, ich bin entspannter. Als ich zur APC-Vereinigung kam, war ich sehr angespannt und niedergeschlagen, mein Selbstwertgefühl war gesunken, ich stürzte oft. Jetzt fühle ich mich wohler in allen Aspekten. Ich bin fokussierter und glaube, dass die Klangmassage mich entspannt und dass sie zu den Ergebnissen der Behandlungen beiträgt. Meine Schrift war klein und jetzt ist sie normal. Parkinson hat mein Leben verändert, zuerst fiel ich in eine Depression, und das änderte sich erst, als ich zu einem Vortrag in der APC-Vereinigung kam. Ich begann, das Problem zu akzeptieren. Ich spüre, dass Physiotherapie und Tanz mir helfen, mit den Einschränkungen in meinem Körper wegen der Muskelsteifheit leichter umzugehen.“ (A.M., 72 Jahre, Dichterin, Journalistin und pensionierte Anwältin, seit 12 Jahren Parkinson)
„Die Klangmassage hilft, meine Schmerzen zu lindern und die Muskeln zu entspannen. Ich schlafe besser, wache nachts nicht so oft auf, um auf die Toilette zu gehen, die Krämpfe kommen seltener vor. Ich kann mich noch nicht mit der Krankheit abfinden, ich kämpfe dagegen, ich versuche mich daran zu gewöhnen, aber ich kann es immer noch nicht.“ (S.S., 63 Jahre, Bankangestellte im Ruhestand, seit 7 Jahren Parkinson)
„Ich habe eingesehen, dass Parkinson eine Lebensweise ist. Ich habe entdeckt, dass ich anderen Parkinson-Patienten helfen kann. Zuerst habe ich mit Gott gestritten, habe aber gelernt, mit der Krankheit umzugehen. Parkinson öffnete Türen, die geschlossen waren. Ich fühle mich heute als eine bessere Person, an erster Stelle ist die Liebe und dann die Vernunft. Die Klangmassage spendet mir mehr Entspannung als andere Therapien. Ich spüre eine größere Ruhe um den Problemen entgegenzutreten. Ich fühle mich ungefähr 50% ruhiger. Die Beziehung zu meiner Frau hat sich verbessert, ich fühle mich freundlicher, ich habe das Gefühl, dass ich die Krankheit nicht verstecken muss.“ (K.K., 62 Jahre, seit 5 Jahren Parkinson)
Alle neun Personen berichten, dass sie sich entspannter fühlen, um den Schwierigkeiten des täglichen Lebens zu begegnen, und erkennen, dass sie Konfliktsituationen ausgewogener und konzentrierter erleben. Diese emotionalen, gedanklichen und geistigen Veränderungen geben ihnen sicherlich viel Kraft, um voranzukommen, sich Tag für Tag besser mit den Herausforderungen der Krankheit zu befassen, ihre Grenzen zu akzeptieren und zu verstehen, dass sie das Parkinson-Syndrom als Verbündete und nicht als Feind sehen können.
Bei einem „Klangabend“ berichten Regina und Ursula von ihren Erfahrungen und der Untersuchung zur Klangmassage bei Parkinson:
Auch wenn die körperlichen Veränderungen durch die Klangmassage aufgrund des Zustandes einer degenerativen Erkrankung nicht lange anhalten, sind die Klangsitzungen für die Klienten und für die Klangmassagepraktiker*innen wertvolle Momente. Die Gelegenheit zu haben, diesen Menschen ein solches Wohlgefühl zu bieten, ist unschätzbar!
Weiterführende Infos und Tipps:
- In der Fachzeitschrift Klang-Massage-Therapie 13/2018 sind ein ausführlicher Bericht von Regina Santos und Ursula Dannemann sowie eine Artikel über die Untersuchung von Dr. Wilma Costa Souza nachzulesen.
- Für alle, die für sich, ihre Angehörigen oder im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeiten die Klangschalen nutzen möchten, bietet das Peter Hess Institut Ausbildungen in der Klangmassage sowie zahlreiche Fachseminare an.