Sanftes Herz – gesunder Egoismus
Die erfahrene Klangpädagogin und Coach Beate Pihale berichtet in diesem Beitrag, wie die Klänge der Klangschalen eine wertschätzende Kommunikation zwischen Eltern und Kindern ermöglichen können. Gerade wenn eine Familie in einer Krise steckt, können die harmonischen Klänge eine wunderbare, sanfte Möglichkeit sein, etwas in Bewegung zu bringen und festgefahrene, wenig hilfreiche Sichtweise zu transformieren. Hier kommt dem Lösungs- und Ressourcenorientierten Ansatz der Klangpädagogik eine zentrale Rolle zu.
Die Klingende Kommunikation – ein Angebot für Kinder, Eltern und Familien
Mit diesem Beitrag möchte ich einen Einblick geben, wie die Klingende Kommunikation (KliK) als Unterstützungsangebot für Kinder, Eltern und Familien genutzt werden kann und wie diese die daraus resultierende Veränderung und Entlastung direkt erleben und umsetzen können. Hierzu möchte ich einen Einblick in meinen „Arbeitsalltag“ als Klangpädagogin geben.
Zunächst einmal: Was bringt Eltern dazu, zu einer Klangpädagogin oder KliK-Expertin zu gehen?
Klang wird mittlerweile häufig in unterschiedlichsten Arbeitsfeldern eingesetzt. Die entspannende Wirkung der Klangmethoden macht sie zu einem idealen Instrument auch für Förderangebote, Beratung und Coaching. Mittlerweile weiß einerseits mein Klientenstamm, dass ich unter anderem mit Klang coache und auch Kinder fördere und andererseits ist dies auch in den Kitas und Schulen bekannt, in denen ich als Klangpädagogin oder Supervisorin tätig bin.
Die sanften Klänge ermöglichen eine Aufweichung verhärteter Fronten
Eltern, deren Kinder in der Kita oder der Grundschule auffällig sind, werden manchmal von Erzieherinnen oder Grundschullehrerinnen angesprochen und auf spezielle Fördermöglichkeiten hingewiesen. Hier zeigt sich immer wieder, dass der Weg über die Klingende Kommunikation Eltern emotional anspricht und sie es damit „wenigstens einmal probieren“ möchten. Dabei sind ganz unterschiedliche Aspekte (lange Wartezeiten von Psychologen und auch Angst/Scham evtl. „versagt“ zu haben) der Antreiber für den ersten Besuch. Oft höre ich heraus, dass die Klingende Kommunikation als Chance betrachtet wird, dass das Kind einem Stigma entgeht. Häufig sind schon im Erstgespräch verhärtete Fronten erkennbar: Eltern ist es kaum mehr möglich, dem Kind gegenüber einen freundlichen Blick zu wahren, das Kind hat sich zurückgezogen und scheint bockig und aggressiv oder zumindest sehr verschlossen.
Ein Einklang, der auf die Beteiligten zugeschnitten ist, schafft schon zu Beginn einen Abstand zum Alltag. Eltern und Kind kommen zur Ruhe, können sich eher einlassen und schildern die „verfahrene“ Situation jeweils aus ihrer Sicht. Die unterschiedlichen Positionen und Emotionen finden hier Raum – und auch das, was in der Familie nicht ausgesprochen wurde.
Dieser neue Blick wird mit Klang verstärkt. Hierbei nutze ich gerne ein Klangsetting mit einer Edelstein-Druse: Eltern können, mit Blick auf die Druse und mit Klang begleitet, Aussagen darüber treffen, worauf sie bei ihrem Kind stolz sind. Das Kind hört zunächst zu und erklärt dann seinerseits, worauf seine Eltern stolz sein können.
Wie entlastend hier der freundliche Blick von Klangpädagogin/KliK-Expertin und wie entspannend die Klänge der Klangschalen erlebt werden, melden alle Beteiligten oft schon nach der ersten Sitzung zurück. Dies motiviert Eltern und Kind, weiterzumachen.
Fallbeispiel Paul (Name geändert)
Um eine Idee von dieser Arbeit und der darin enthaltenen Entwicklung zu geben, möchte ich hier von einem 8-jährigen Jungen berichten – ich nenne ihn Paul – dessen Begleitung für mich etwas Besonderes war:
Eines Tages rief Pauls Mutter bei mir an. Sie war nervlich am Ende, völlig aufgelöst und suchte händeringend nach „etwas“, das die Zeit bis zum Beginn einer Therapie zu überbrücken half. Durch eine Bekannte war sie auf mich aufmerksam geworden und konnte sich gar nichts unter Klangpädagogik bzw. „Klingender Kommunikation für Kinder“ vorstellen.
Nach einem längeren Telefonat vereinbarten wir einen Termin, damit ich ihren Sohn „Paul, das Problemkind“ kennenlernen sollte.
Sie erschienen zum vereinbarten Termin, nachdem sie schon mehrfach durch das Haus geirrt waren. Paul hatte schließlich bei mir geklingelt. Als ich öffnete, schaute Paul seine Mutter von der Seite an und meinte: „Siehste, hab‘ ich doch gleich gesagt!“
Die Mutter schien noch genauso nervös und fahrig wie beim Telefonat, vielleicht auch etwas unsicher, was gleich passieren würde, der Sohn schien mir skeptisch abwartend und zurückhaltend.
Im Klangraum angekommen, stellte ich mich vor und lud die beiden ein, sich umzuschauen. Auf meine Frage, ob er wisse, weshalb er und seine Mutter da seien, entgegnete Paul: „Klar, weil ich so komisch bin.“
Ich erfuhr, dass er keinerlei Kontakte zu Gleichaltrigen hatte und in der Schule (2. Klasse) immer wieder Prügeleien beginnen würde. Auf Nachfragen meinte er, dass er dies gerne ändern würde…
Paul schien von den vielen Klangschalen fasziniert und so lud ich ihn ein, den Klangschalen mit den Fingern Klänge zu entlocken. Er fand eine Schale, deren Klang ihm besonders gut gefiel und stimmte zu, sich diese auch mal auf den Bauch zu stellen. Ich bot ihm an, die Schale für ihn anzuklingen. Er ließ sich darauf ein und ich war sehr über seine Reaktion erstaunt. Andere Kinder, auch Erwachsene, atmen erst einmal aus, räkeln sich vielleicht ein wenig und genießen die Klänge. Aber dieser Junge hielt mir einen Vortrag über Schwingungsphysik und erklärte mir genau, was gerade mit den Schalen passiert und wie sich die Schwingungen auf den Körper übertragen..
Ich war zunächst perplex! Das was er erzählte, war sachlich richtig, gar nicht kindhaft – jedoch merkte ich, dass er sich nicht zu Gefühlen äußerte.
Für seine Mutter war Pauls Reaktion völlig normal, sie erklärte mir, dass er schon mit fünf Jahren lesen konnte und er „gerne Fachbücher verschlang“. – Wow!
Hier setzte ich an: Jedes Ding hat zwei Seiten
Den Eltern, die wie in Pauls Fall in einer Krise mit dem Kind stecken, fällt es im Normalfall sehr schwer, aus dem Bauch heraus irgendetwas Positives an ihrem Kind zu finden, wenn es schon seit Wochen und Monaten nur Beschwerden gibt. Rein kognitiv eine nur schwer lösbare Aufgabe…
Also arbeite ich gerne mit Bildern, die sehr eindrücklich sind und biete aus dem Seminar „Kinder mit Sprache und Klang begleiten“ den Blick auf die zwei Seiten einer Druse an.
Mehr als Worte berühren diese beiden sehr unterschiedlichen Seiten einer Druse – von außen unscheinbar, von innen wunderschön – Mutter und Kind. Ich bin immer wieder erstaunt, welchen Eindruck diese kleine Intervention hinterlässt!
Die Bereitschaft, den Blick ein wenig zu verändern, ist in dem Moment sehr groß und die Gewissheit, dass es noch „eine andere Seite“ gibt, durch den Blick auf die Druse sehr eindrücklich.
„Auch mein Kind hat eine soooo schöne, glitzernde Seite! – Ich möchte sie auch wieder sehen!“
„Ohh, so etwas ist auch in mir? – Das möchte ich, dass das auch andere erkennen!“
Paul und auch seine Mutter konnten seinen Wissensdurst in dem Moment als etwas Besonderes betrachten. Damit das Paul auch „in sich aufnehmen“ kann, stelle ich ihm nochmal die Klangschale auf den Bauch – sozusagen als Anker/Verkörperung. Seine Aufgabe ist nun zu spüren – ohne zu analysieren. Das fällt ihm noch etwas schwer, doch lässt er sich darauf ein.
Die Mutter übernimmt nun das Anklingen der Klangschale und ich begleite nur noch. Nach etwa 10 Minuten wird gewechselt. Jetzt darf Paul für seine Mutter die Klangschalen anklingen. Mir fällt dabei auf, wie sanft er das Instrument antönt.
Am Ende der ersten Sitzung ist die Mutter wesentlich ruhiger und Paul zugänglicher als zu Beginn. Beide entschließen sich, weiterzumachen und in der darauffolgenden Woche wiederzukommen.
Die „angenehme“ Schale, eine Beckenschale, gebe ich den beiden mit folgendem Auftrag mit: Wenn sich etwas ändern soll, braucht es ein neues Ritual! Jeden Abend gibt es Klang auf dem Bauch, für Paul und für seine Mutter. Ersatzweise für den Vater, wenn die Mutter verhindert ist.
Lola – oder das sanfte Herz
Schon beim nächsten Ankommen von Mutter und Sohn wurde klar, dass etwas anders ist. Die Mutter war wesentlich ruhiger und Paul trug die Klangschale wie eine fette Beute vor sich her.
Die Mutter meinte, dass Paul tatsächlich JEDEN Abend darauf bestanden habe, Klang zu geben und zu bekommen und dass es ihr auch gutgetan hätte. Paul erklärte, es sei schön, hielt sich mit Gefühlsäußerungen jedoch zurück.
In dieser Woche hatte sich der Blick auf zwei Seiten etabliert, die Mutter hatte neue Hoffnung geschöpft, mehr schöne Seiten an ihrem Sohn zu entdecken. Daher lud ich ein, den Fokus zu verändern und brachte „Lola“ mit ins Spiel. Lola ist eine Giraffe mit einem sehr langen Hals und einem überaus sanften Blick. Häufig können die Klienten mit Lola nicht sofort etwas anfangen, dann hilft eine Fokusveränderung mithilfe einer Taschenlampe:
Je näher die Taschenlampe an einem Muster ist, umso detaillierter und greller wird dieses beleuchtet – der Rest geht allerdings in der Dunkelheit verloren. Je weiter der Abstand der Lampe vom Muster wird, desto weicher wird das Licht – und es kommt noch viel mehr zum Vorschein – insgesamt sanfter…
Hier stelle ich nochmal den Bezug zu Lola her: Sie hat durch ihren langen Hals den notwendigen Abstand und sieht dadurch viel mehr, was auch noch da ist.
Mit diesem Bild lade ich Paul’ s Mutter ein, alles Mögliche zu benennen, worauf sie bei ihm NOCH stolz ist. Die Klangschale unterstützt sie dabei. Paul hört staunend zu, während seine Mutter immer noch mehr Bemerkenswertes in den Raum gibt.
Dann ist Paul dran Dinge zu finden, womit er seine Eltern (oder auch Lehrer) noch stolz auf ihn machen könnte.
In einer Klangreise – speziell für die beiden formuliert – werden genau diese Aspekte im Anschluss nochmal angeboten.
Wieder nehmen die beiden die Klangschale mit nach Hause, diesmal benennen Eltern und Paul beim Klang geben, was sie am anderen stolz macht.
Nach wenigen Wochen kommt Paul mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Seine Mutter ist nochmals ruhiger und hat ihre Hand auf Pauls Schulter gelegt.
„Ich hatte Besuch!“ platzt es förmlich aus ihm heraus. Es ist zu spüren, wie sehr er sich darüber freut und auch stolz ist! Seine Mutter beeilt sich, dies zu bestätigen und meint, dass ein Klassenkollege von Paul in der vergangenen Woche schon zwei Mal zu Besuch war. Die Entlastung der Mutter ist fast greifbar.
Gesunder Egoismus
Paul hat in den letzten Wochen schon viel erreicht, ist jedoch noch nicht an seinem Ziel angekommen. In der oben erwähnten Sitzung biete ich ihm und seiner Mutter „das Gefühlsthermometer“ an und lasse die beiden sich darauf positionieren. Das entspricht einer Skala, mit der sich die momentanen Positionen der Beteiligten visualisieren lassen. Beide stehen schon über der Hälfte, sie können sehen und spüren, wie viel sich schon verändert hat. Was braucht es also, um bis ans Ziel – oder zumindest erst einen kleinen Schritt darauf hin – zu kommen?
Hierbei geht es um Grundbedürfnisse/Helfergefühle, die ich mit beiden herausarbeite. Bei Paul ist es der Wunsch, sich in der Schule nicht mehr zu prügeln – dazu brauchte er Ruhe und Gelassenheit als Gefühl. Dieses Helfergefühl wurde in einer speziellen Klangmassage, der „Helfergefühls-Klangmassage“, im Körper verankert.
Paul und seine Mutter lernen so, wieder auf Bedürfnisse und Gefühle zu achten, diese zu äußern und für sich zu sorgen. Mit der Klangschale, die sie zu Hause haben, können diese Gefühle immer wieder nachgenährt werden. Paul lernt dadurch auch, Gefühle äußern zu können, ohne ihnen ausgeliefert zu sein.
Seine Mutter lernt, ihre Bedürfnisse zu äußern, ohne „falsche Rücksicht“ auf ihren Sohn zu nehmen. Ein normaler Umgang wird möglich, ohne dass die Bedürfnisse dauerhaft unterdrückt werden müssen.
Nach einigen weiteren Wochen stehen Paul und seine Mutter direkt vor dem oberen Ende der „Skala“. Paul hat sich seit ein paar Wochen nicht mehr geprügelt und ist wesentlich gelassener, wenn seine Klassenkameraden ihn hänseln. Er meint, das wäre schon deutlich weniger geworden, seit er nicht mehr ausrasten würde. Die Klangschale (die nun der Familie gehört) kommt immer noch jeden Tag zum Einsatz und mittlerweile wird die Klangzeit von der ganzen Familie eingefordert. Seine neuen Freunde, die ihn nun auch regelmäßig besuchen, hätten sie auch schon kennengelernt.
Paul und seine Mutter habe ich etwa drei Monate begleitet und für mich war es sehr berührend, zu erleben, wie sich der Blick der Mutter auf den Sohn verändert hat, wieder freundlich und liebevoll wurde und andererseits ein Raum entstanden ist, in dem beide gut für sich sorgen können: Selbstwohl, Selbstfürsorge, Selbstwert, wesentliche Aspekte für einen GESUNDEN Egoismus.
Eine kleine Anregung für die Praxis
Für alle diejenigen, denen es immer wieder schwerfällt, bei sich oder anderen auch positive, schimmernde oder leuchtende Seiten zu finden, hier noch eine kleine Übung mit auf den Weg:
Finde einen Gegenstand, der zwei recht unterschiedliche Seiten hat, eine weniger schöne (oder auch hässliche) Seite und eine wunderschöne Seite. Drusen und auch manche Muscheln eignen sich dazu, auch Gegenstände, die eine raue und eine weiche Seite haben. Stelle deine Lieblingsklangschale mit Klöppel bereit.
Schau dir die weniger schöne Seite eine Weile an, befühle sie. Was geht in Resonanz, was erkennst du daran von dir oder einer anderen Person, die du bislang nur einseitig betrachten konntest?
Drehe den Gegenstand um und betrachte die schöne Seite.
Nimm beim Betrachten und Befühlen deine Lieblingsklangschale zu Hilfe und klinge sie immer wieder an. Was geht in Resonanz, wenn du dich der schönen Seite zuwendest?
Was erkennst du nun an Schönem, Positiven, Neuen an dir/an der anderen Person? Verstärke dies weiter mit den Klängen deiner Lieblingsklangschale und schau, welche weiteren positiven Dingen dir NOCH dazu einfallen.
Viel Freude beim Ausprobieren und Schätze finden!
Weiterführende Tipps zur Kommunikation mit Klangschalen:
- Für alle, die mehr über den Einsatz von Klangschalen im Leben und Arbeiten mit Kindern erfahren möchten, empfehlen wir die Broschüre „Kraftquelle Klang“, die kostenlos online gelesen werden oder als Print bestellt werden kann.
- Aufbauend auf dem Seminar „Klangmassage I“ bietet das Fachseminar „Kinder mit Sprache und Klang begeistern“ zahlreiche Impulse, wie Kinder mit Klängen unterstützt werden können.
- Für Interessierte bietet die Intensivausbildung zur/zum KliK-Experten*in eine umfassende Möglichkeit, in die Klingende Kommunikation mit Kindern und Familien einzusteigen und/oder das eigene Arbeitsfeld durch die Klangmethoden zu bereichern.
About Beate Pihale
Supervisorin/Coach (DGSv), Master EB/WB, Psychologische Beraterin, Peter Hess®-Klangpädagogin, Klangtherapie, zertifizierte Stressberaterin, Entspannungspädagogin eigener Praxis in Ludwigsburg. Autorisierte Ausbilderin in der Peter Hess®-Klangmassage (Gesamtausbildung) und den Peter Hess®-Klangmethoden. Ansprechpartnerin der Region Baden-Württemberg.
E-Mail klang@b-pihale.de ∙ www.b-pihale.de
2 Gedanken zu „Klingende Kommunikation durch Klangschalen zwischen Eltern und Kindern“
Hallo Beate,
ich kenne die ganzen Seminare für Kinder und habe seit 2014 ganz tolle Erfahrungen in meiner Arbeit als Erzieherin in Kitas erleben können und die Kinder mit dieser Arbeit einfach in ihrem Wesen gut unterstützt.
Jetzt bin ich sei 3 Jahren in Rente. Ich freue mich immer noch über diese wesentliche Unterstützung die ich für die Kinder geben konnte.
Dir wünsche ich viel Erfolg mit all Deiner Arbeit und Angeboten.