Mit den Peter Hess®-Klangmethoden die finale Sterbephase begleiten
„Sie war wie ein ‚rettender Engel‘ für meine Mutter“
Das Peter Hess Institut und hess klangkonzepte sind derzeit mit einem virtuellen Messestand auf der online stattfindenden Messe Leben und Tod vertreten (noch bis Oktober 2021). Sie finden beim virtuellen Messestand viele Infos über Klangschalen in der Sterbebegleitung von Erfahrungsberichten über die verwendeten Klangschalen und vieles mehr.
In diesem Zusammenhang geben wir mit diesem Beitrag von Gabriele Seidenath aus der Fachzeitschrift Klang-Massage-Therapie 13/2018 Einblicke, wie die Klänge Betroffene und Angehörige in der finalen Phase begleiten und unterstützen können.
Ich arbeite im Helios Amper-Klinikum Dachau als Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivpflege sowie als Palliative Care Fachkraft. Dort führe ich die Klangmethoden an beatmeten oder komatösen Patienten auf der Intensivstation (vgl. Bericht in der Fachzeitschrift Klang-Massage-Therapie 10/2015, S. 12-15) und an Patienten mit palliativer Versorgung durch. Das Angebot erfolgt häufig auf Anfrage der Angehörigen oder des Palliative Care Teams für Patienten, die sich in der präfinalen oder finalen Phase befinden und von uns gehen dürfen. Eines Vormittags wandte sich das Palliative Care Team an mich mit der Bitte, Frau G. bei ihren letzten Stunden zu begleiten. So durfte ich Frau G. und ihre Familie im Sterbeprozess mit Klängen begleiten.
Aus großer Dankbarkeit hatte die Tochter von Frau G. danach den Wunsch geäußert, mir etwas Gutes tun zu wollen. Ich bat sie daraufhin, wenn es ihr denn möglich sei, aus ihrer Sicht zu schildern, wie sie die letzten Stunden ihrer Mutter erlebt hat. So entstand folgenden Erfahrungsbericht, für den ich ihr sehr dankbar bin:
Schilderung der Tochter über die letzten Lebensstunden ihrer Mutter
Meine Mutter (85 Jahre) war bis auf altersbedingte Beschwerden (Rückenschmerzen usw.) noch eine geistig und körperlich fitte, selbstständige Frau. Am Mittwoch, 22.11.17, war sie mittags noch mit dem Auto unterwegs und wollte Zweige holen zum Binden eines Adventskranzes. Während des Abschneidens dieser Zweige muss es zu dieser spontan einsetzenden Gehirnblutung gekommen sein, wohl aufgrund eines Bluthochdrucks, mit dem sie schon seit ein paar Monaten zu kämpfen hatte. Gott sei Dank wurde sie schnell gefunden und auch schnell ins Krankenhaus gebracht mit einer Hemiparese links und schon Sprachbeschwerden. Geistig war sie aber noch voll da. Es wurde uns Kindern aber aufgrund des Kernspints sehr schnell mitgeteilt, dass die Chancen einer Genesung schlecht stünden, nur wenn die Blutung jetzt noch zu stoppen wäre. Gegen Abend wurde noch mal ein Kernspint gemacht und die Blutung ist weiter vorangeschritten, ebenso auch das Befinden meiner Mutter: Nun konnte sie auch den linken Fuß nicht mehr bewegen und die Ansprechbarkeit wurde weniger.
Schon am nächsten Morgen war sie nicht mehr ansprechbar und der Oberarzt teilte uns mit, dass hier weitere Maßnahmen (Entlastung des Hirndrucks usw.) nichts gebracht hätten, und dann nur mit einer geringen Überlebenschance und dem Fall, dass meine Mutter schwerster Pflegefall bleiben würde. Daraufhin entschlossen wir Kinder uns, dem Wunsch unserer Mutter folgend, die nie ein Pflegefall werden wollte und dies auch in einer Patientenverfügung niederschrieb, dass wir lebensverlängernde Maßnahmen ablehnen. Somit kam dann am Donnerstag meine Mutter auf eine Normalstation und wurde dort mit Morphium über den Perfusor zur Schmerzreduzierung behandelt. Betreut wurden wir von dem außerordentlich fürsorglichen Palliativ-Team des Krankenhauses Dachau.
Meine Mutter war überhaupt nicht mehr ansprechbar und bekam eine zunehmend schwere Atmung mit zunehmender Verschleimung. Am 3. Tag, dem Samstag, 25.11.2017, war der Zustand meiner Mutter über Nacht noch schlechter geworden: Temperaturbildung, starkes Schwitzen, schwere Atmung, Röcheln, Verschleimung, hochroter Kopf. Sie musste auch zunehmend abgesaugt werden. Es wurde uns gesagt, dass sie diesen Zustand, diese schwere Atmung nicht mitbekomme, dass sie es nicht spüren dürfte wegen des Morphiums. Wir hofften dies sehr, denn es sieht für einen Außenstehenden so aus, als wäre es einfach nur anstrengend und quälend.
Am Samstagmorgen stellte der Pfleger das Morphium auch noch etwas höher ein. Es hieß auch, da meine Mutter körperlich noch so gesund bzw. fit war, dass es noch 2 – 3 Tage dauern könne, bis der Körper auslasse. Das wünschten wir ihr alle nicht und hofften bzw. beteten, dass sie früher erlöst werde, einfach schnell gehen dürfe, wenn sie denn nun schon gehen müsste.
Dann kam gegen 11.45 Uhr Frau Seidenath, die Klangmassagepraktikerin. Am Tag zuvor wurde uns von der Palliativschwester diese Frau empfohlen, und wenn sie Zeit hätte, würde es evtl. helfen, denn die Sterbenden könnten dann eher loslassen. Wir waren anfänglich etwas skeptisch eingestellt, denn wir dachten nur daran, ob meine Mutter es im Bewusstsein oder gesunden Zustand für gut empfunden hätte????
Doch wir dachten, es könne ja nicht schaden und wenn es helfen würde, wären wir dankbar. So kam Frau Seidenath schon mit einer beruhigenden Ausstrahlung in das Zimmer und stellte, ohne viel Reden und um vorher viel wissen zu müssen, 3 Klangschalen um meine Mutter in das Krankenbett. Sie bat mich und meine Freundin, in dem Zimmer zu bleiben, aber etwas vom Bett wegzurücken, damit sie arbeiten könne.
Ich kann mich noch erinnern, dass sie eine große Klangschale zu den Füßen meiner Mutter stellte und zwei kleinere Klangschalen jeweils rechts und links vom Kopf auf das Kopfkissen. Dann fing sie an erst die große Klangschale leicht zu beklingen und ging dann zu den beiden Schalen am Kopf. So machte sie es langsam immer reihum und es entstand schnell ein sehr angenehmer Ton und eine ruhige Atmosphäre. Ich glaube es war schon nach 2 -3 Minuten, dass ich bemerkte, wie meine Mutter eine entspannte Atmung bekam, die Rötung aus dem Gesicht wich und plötzlich die Atmung immer langsamer wurde, lange Atemaussetzer eintraten …. weniger Atemzüge und dafür tief. Das Gesicht bekam wieder eine normale Farbe.
Ich weiß nur noch, dass ich es nicht glauben konnte und ich fragend meine Freundin ansah, ob ich mir das nun einbilde oder ob das stimmt? Ihr erging es ebenso, auch sie sah mich fragend und erstaunt an. Jetzt war uns klar, der Sterbeprozess ist eingeleitet, jetzt darf sie gehen, und es schaute jetzt einfach nur friedlich aus.
Das Schwitzen und die Gesichtsröte waren einer normalen Hautfarbe gewichen. Dann dauerte es nicht mehr lange und es wurden die Atemaussetzer immer länger und man hatte das Gefühl, jetzt sind es die letzten tiefen Atemzüge, das linke Auge meiner Mutter öffnete sich leicht.
Da meinte Frau Seidenath, ich dürfte zu meiner Mutter gehen und das Auge schließen. Ich fragte dann mit einem Nicken, ob ich auch die Hand halten dürfte und sie bejahte. Doch kaum als ich die Hand hielt, kam die Atmung meiner Mutter wieder zurück und in einer Schwere und Anstrengung, wie wir sie schon die letzten Stunden von ihr kannten. Ebenso kam auch die Rötung im Gesicht wieder leicht zurück.
Für mich war es erst mal wie ein Schock und ich dachte bzw. fühlte mich schuldig, diesen Sterbeprozess mit meiner Handhaltung/Nähe durchbrochen zu haben. Ich hoffte sehr, dass Frau Seidenath diesen Sterbeprozess wieder einleiten könne. In einer Ruhe machte sie die Klanganwendung weiter und es dauerte wieder nicht lange, bis die Atmung ruhiger, entspannter wurde und meine Mutter dann friedlich den letzten Atemzug machen konnte.
Nun lag meine Mutter entspannt da, wie wenn sie schlafen würde. Es war 11.58 Uhr. Wir saßen erstaunt da, etwas für uns Unfassbares war geschehen, in der Minute war es wie ein kleines Wunder. Was war da passiert, wie konnte das so sichtbar und wirklich durch diese Klangbegleitung ausgelöst schnell gehen, fragten wir uns gedanklich?
Ein furchtbar trauriger Moment einerseits, da unsere Mutter nun endgültig von uns gegangen war, aber, wenn man für sie denkt, war es gleichzeitig erleichternd, dass sie den Kampf, so sah es zum Schluss aus, geschafft hatte und sich nicht noch stunden-/tagelang dahinzog.
Wir waren und sind Frau Seidenath nach wie vor unendlich dankbar für diese liebevolle und spontane Hilfe. Sie war wie ein „rettender Engel“ für meine Mutter und uns. Und wir betrachten es als Ehre und mit Dankbarkeit, dass wir beim Heimgang unserer Mutter dabei sein durften. Mit freundlichen Grüßen und herzlichstem Dank an Frau Seidenath, Familie G.
Mein besonderer Dank geht an die Tochter von Frau G. und an die gesamte Familie G., dass ich ihre Mutter begleiten durfte und ihre persönliche Schilderung dieser Begleitung veröffentlicht werden darf. Vergelt`s Gott
ist seit 1994 Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivmedizin sowie Palliative Care Fachkraft. Sie arbeitet seit 2002 (in Teilzeit) auf der Intensivstation des Helios Amper-Klinikums Dachau. Seit 2011 setzt sie dort mit großem Erfolg Klangangebote ein und berichtete immer wieder als Referentin bei Fachkongressen über die „Klangmassage bei Intensivpatienten“. Sie ist Gastdozentin an der Fachakademie Schönbrunn und unterrichtet dort in der Kranken- und der Altenpflegeausbildung den Bereich komplementäre Methoden in der Pflege sowie Intensivpflege und Umgang mit Palliativpatienten.
Als Heilpraktikerin und Peter Hess®-Klangmassagepraktikerin ist sie zudem in München-Schwabing in eigener Praxis tätig. Sie leitet Kurse zur Gesundheitsprävention bei Krankenkassen.
Kontakt: E-Mail: g.seidenath@web.de
Seminartipps:
Allen, die tiefer in Themen rund um die Sterbebegleitung und Trauer einsteigen möchten, denen empfehlen wir die Peter Hess Instituts-Seminare „Palliativbegleitung und Natur- und Heimatsnoezelen mit Klangschalen“ mit Rosie Bleil und „Trauer braucht Wärme – Klang in der Trauerbegleitung“ mit Gabriele Esser und Kordula Schmid. Letzteres baut auf den Seminaren „Klangmassage I“ und „Klangmassage II“ auf.
3 Gedanken zu „Klangschalen in der Sterbebegleitung einsetzen“
Ich bin zu Tränen gerührt…und habe eine Antwort auf die Frage, die mir noch nie gestellt habe.
Danke…