Viele Menschen, die mit Klangschalen arbeiten, kommen ursprünglich aus einem ganz anderen Beruf. So auch Daniela Abel, die uns in diesem Beitrag auf ihren „Klangweg“ mitnimmt. Sie beschreibt, welche Erfahrungen sie während Ihrer Tätigkeit als Betreuungsassistentin in einem neurologischen Fachpflegeheim mit dem Einsatz von Klangschalen zur Entspannung bei Menschen im Wachkoma gemacht hat.
Hat nicht jeder Mensch ein Recht auf Entspannung?
Ursprünglich war ich als Friseurmeisterin selbständig
Bevor ich vor mehr als 20 Jahren, nach meiner Prüfung zur Friseurmeisterin, meinen eigenen Salon eröffnete, durfte ich mich mit typischen Fragen zu meinem Angebot als Selbstständige auseinandersetzen:
- Wieso sollen die Menschen genau zu mir kommen?
- Was hebt mich von den Kolleg*innen am Markt ab?
- Was will ich anders oder besonders machen, d.h. was könnte mein Alleinstellungsmerkmal sein und mich neben der professionellen Dienstleistung „Haare schneiden“ von anderen Angeboten abheben?
Zu der Zeit war der Begriff „Wellness“ in aller Munde – der neue Lifestyle. Ich befasste mich ausgiebig mit dem Thema. Und so wollte ich meinen Kundinnen und Kunden neben der klassischen Dienstleistung mit verschiedenen Wohlfühlangeboten Möglichkeiten für eine kurze Entspannung bieten. Ganzheitlich sollte das Angebot sein – ich wollte mich nicht nur auf die Haare beschränken, sondern Wohlgefühl schaffen, ein gutes Vorgespräch haben, genau hinhören, achtsam mit den Bedürfnissen meines Gegenüber umgehen und eine entspannte Auszeit vom Alltag ermöglichen.
Getreu nach diesem Motto eröffnete ich dann meinen „Wellness-Salon“.
Wie ich zum Klang kam oder wie die Klangschalen zu mir kamen
Eines Tages wurde ich angefragt, ob ich in einem Fachpflegeheim Menschen mit schwersten neurologischen Erkrankungen und Wachkomapatienten die Haare schneiden könnte. Ich vereinbarte einen Termin, um mehr Informationen zu bekommen und entscheiden zu können, ob ich diese Dienstleistung erbringen möchte.
Von diesem Tag an veränderte sich sehr viel in meinem Leben. Ich spürte eine tiefe Dankbarkeit und welches Geschenk es ist, dass ich selbst und meine Familie gesund sind. Die Biografien der Patienten machte mir deutlich, wie schnell sich das Leben von Grund auf ändern kann, wie zerbrechlich es ist.
Und so kam es, dass ich durch verschiedene Lebensumstände und weitere Ausbildungen begann, in dieser Einrichtung als Betreuungsassistentin tätig zu werden.
Hier gab es bereits Klangschalen und eine Mitarbeiterin, die einen Teil der Klangmassage-Ausbildung am Peter Hess® Institut schon absolviert hatte. So richtig konnte ich damit noch nichts anfangen. Erst nachdem ich selbst bei einem Klangentspannungsabend die Wirkung der Klänge spüren durfte, begann mein eigener Klang-Weg. Denn ich entschied mich schnell, dass ich die Ausbildung zur Peter Hess®-Klangmassagepraktikerin machen wollte. Von da an setzte ich, wann immer es möglich war, die Klangschalen im Rahmen meiner Tätigkeit als Betreuungsassistentin ein.
Klangangebote schenken Entspannung, und sind doch so viel mehr….
Von Anfang an konnte immer wieder bei den Patienten beobachten, wie sie durch die Klänge entspannen konnten. Sobald ich die Klangschale angeklungen hatte, konnte ich sehen, wie die Atmung ruhiger wurde, es machte den Eindruck, dass die Patienten sofort ins Lauschen kamen. Vom Pflegedienstleiter wurde ich in meinem Angebot unterstützt. Therapeuten, die die Patienten im Anschluss z.B. physiotherapeutisch behandelten, fiel auf, dass die Behandlung viel einfacher vonstatten ging. Die Menschen waren schon in einer Grundentspannung, die z.B. die tägliche Mobilisierung deutlich erleichterte und damit auch effektiver gestaltete. Auch Angehörige, die manchmal Klangentspannungen miterlebten, bestätigten meine Beobachtungen und waren dankbar für dieses Angebot, das ihren Lieben so gut tut. Dabei wurde mir klar, dass die Klänge Entspannung schenken, aber eben nicht nur, denn sie vermögen so viel mehr als „nur Entspannung“. Gerade bei den Menschen, die ich beobachte, ist zu sehen, dass eine Therapieeinheit häufig Stress auslöst und dass sich dabei die ohnehin schon erhöhte Körperspannung verstärkt und sich Patienten noch mehr verkrampfen. Die Klänge schenken den Menschen Ruhe und Vertrauen, sie haben eine „öffnende“ Wirkung und sind daher eine ideale Ergänzung vor oder während Therapieangeboten, die dadurch so viel leichter und effektiver verlaufen können.
Und so habe ich als Betreuungsassistentin die Klangangebote gezielt in meine Arbeit integrieren und in Zusammenarbeit mit einigen Therapeuten bei ausgewählten Patienten angeboten. Wie im Fall von Herrn K. z.B. unmittelbar vor einer Therapieeinheit:
Fallbeispiel Herr K. – Klangentspannung zur Therapievorbereitung
Herr K. befindet sich schon einige Jahre nach einem Autounfall im Wachkoma.
Er hat starke Kontrakturen an den Gliedmaßen. An seiner Mimik, seiner Körperhaltung und der Atmung ist zu erkennen, in welcher Verfassung sich Herr K. befindet. Er ist nicht in der Lage, sich selbst zu bewegen. Er muss durch die Pfleger*innen in regelmäßigen Abständen gelagert werden und hat tägliche Physio- oder Ergotherapieeinheiten.
Zunächst begrüßen wir Herrn K. mit Namen und erzählen, was ihn jetzt erwartet. Währenddessen klinge ich im langsamen Rhythmus eine Klangschale an. Nach einer Weile stelle ich die Klangschale auf das Bett, sodass Herr K. die Schwingungen gut über die Matratze wahrnehmen kann.
Sobald ich die Klangschale anklinge, können wir beobachten, wie der Patient mit seiner Aufmerksamkeit bei den Klängen ist. Die Atmung wird ruhiger, so, als wollte er ja nichts verpassen. Herr K. beginn zu lauschen. Dabei verändert sich sein Muskeltonus, er wird lockerer und man kann förmlich zusehen, wie er sich entspannt.
Diese Entspannung stimmt Herrn K. ganz wunderbar auf das Therapieangebot ein. Er scheint ins Vertrauen zu kommen und die Therapeutin kann mit ihren Übungen beginnen. Die Physiotherapieeinheit verläuft dadurch viel ruhiger und leichter – sowohl für Herrn K. als auch für die Therapeutin. Und damit kann das Angebot auch viel effektiver wirken. Eine tolle Win-Win-Situation für alle, vor allem aber für Herrn K.!
Dieses ist ein Beispiel für das, was ich nun seit einigen Jahren erlebe.
Indes habe ich eine eigene Klangpraxis und biete unter anderem in Pflegeeinrichtungen „Entspannung mit Klangschalen“ an und begleite Menschen bei ihren Genesungsprozessen. Ich möchte allen Klangmassagepraktiker*innen, die sich für solch eine Arbeit interessieren, Mut machen, sich weiterzubilden und/oder sich mit ihrem Klangangebot in Pflege-Einrichtungen vorzustellen. Denn die Klänge können hier ganz wunderbar Entspannung für Menschen ermöglichen, die selbst nicht für sich sorgen können und gleichzeitig eine Bereicherung des Therapieangebotes sein.
Weiterführende Tipps:
- In unserem Blog-Beitrag „Klangschalen in der Intensivmedizin“ gibt die Musiktherapeutin Nicole Becker interessante Einblicke zur Integration von Klangangeboten in der Rehabilitation bei neurologischen Erkrankungen. In einem kleinen Filmausschnitt aus der DVD „Peter Hess-Klangmassage in der therapeutischen Praxis“ kommt dabei auch ihre Patientin Frau Sy zu Wort.
- Weitere Einblicke bietet die DVD „Peter hess-Klangmassage als komplementäre Methode in der therapeutischen Praxis“.
- Tolle Einblicke, wie Klangschalen Gesundheit stärken, Therapie unterstützen und Genesung begleiten können bietet der Online-Klangkongress vom 04.-06. März 2022.
Daniela Abel
Mitarbeiterin in der Seminarbetreuung beim Peter Hess® Institut • Autorisierte Ausbilderin in der Peter Hess– Klangmassage I+II sowie der Peter Hess® Wellness-Klangmassage • Peter Hess®-Klangentspannungscoach • KliK®-Praktikerin • Peter Hess®-Klangmassagepraktikerin • Betreuungsassistenz nach §87b • Psychologisch-spirituelle Lebens-ART-Beraterin • Aroma-Wellness-Praktikerin • Ayurvedamassagepraktikerin • Kosmetikerin • Friseurmeisterin.
Sie ist in der eigenen Praxis „EntfaltungsRäume“ tätig und als ehrenamtliche Hospitzbegleiterin.
Kontakt: abel-daniela@web.de ∙ www.daniela-abel.de